Mit dem Ziel, verschiedene Güteverhandlungen miterleben zu können, trafenen wir uns um 8:45 Uhr am Eingang des Arbeitsgerichts. Nach eingehender Kontrolle der Taschen und einem Aufstieg in den vierten Stock konnten wir um 09:00 Uhr die erste Verhandlung miterleben. Im Laufe des Tages fanden noch fünf weitere Verhandlungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten statt.
Eine der Verhandlungen war gerade für uns angehende Verwaltungsfachangestellte interessant. Eine Kommune aus dem Taunus kündigte einem Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis mit der Begründung, dass die Kosten und die Mehrarbeit für die anderen Kollegen (aufgrund der sehr hohen krankheitsbedingten Ausfallzeiten) nicht mehr zu tragen seien. Der Anwalt des Klägers bemängelte Formfehler in dem Kündigungsschreiben und fehlende Perspektiven seiten des Arbeitgebers, um die Arbeit für den Arbeitnehmer zu erleichtern. Ebenfalls fehlte ein angemessenes BEM (betriebliches Eingliederungsmanagement) aufgrund der langen Ausfallzeiten des Arbeitnehmers. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist die Aufgabe des Arbeitgebers mit dem Ziel, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und erneute Ausfälle zu verhindern. Die Rechtsgrundlage dazu ist der § 167 (2) SGB IX. Die Verhandlung endete damit, dass die Kündigung zurückgenommen und ein ordnungsgemäßes BEM aufgenommen werden muss.
Zwischen den Verhandlungen konnten wir dem Richter Fragen zu den Fällen oder dem Arbeitsgericht im Allgemeinen stellen, die er uns freundlich beantwortet hat.
Wir verbrachten einen sehr interessanten Vormittag und konnten die praktische Relevanz verschiedener arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften und Gesetzesgrundlagen erleben.
(Kiara Andree / Vanessa Henkel)