GROSS-GERAU - Es war noch nicht drei Stunden her, da hatten die letzten Auszubildenden vorm Prüfungsausschuss nach getaner Arbeit den Schraubenschlüssel beiseite gelegt: Nun saßen 24 junge Männer und eine Frau am Samstagmittag erwartungsvoll an langen Tischen, um zu erfahren, ob sie die Gesellenprüfung zum Kfz-Mechatroniker bestanden hatten. Nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit den Gesellenbrief in Händen zu halten, dem fieberten alle entgegen, als sie, teils begleitet von Freunden und Familie, in die Ausstellungsräume des Autohauses März kamen.
Hier, wo in der angrenzenden Werkstatt ein Teil der viertägigen, praktischen Prüfungen stattgefunden hatte, fanden sich auch Andreas Iser, Obermeister der Innung des Kraftfahrzeughandwerks, sowie weitere Vorstände, Prüfungsausschussvorsitzender Stefan Lang, Martin Gonnermann, Leiter der Beruflichen Schulen (BSGG) und Lehrkräfte der dualen Ausbildung ein. Stefanie Dickler und Wolfgang Schellhaas, seit knapp einem Jahr Inhaber des Autohauses März, waren nicht nur stolze Gastgeber, sondern auch Ausbildungsbetrieb zweier Absolventen.
Arbeit in der Werkstatt körperlich nicht zu schwer
Tim Wagner (20) und Sefkan Sungur (23) erhielten von ihren Chefs viel Lob und Werkstattleiter Andy Lipsius merkte an, Sefkan Sungur suche noch dringend einen Arbeitsplatz in seinem Beruf. „Leider können wir die beiden nicht übernehmen, obwohl sie super ins Team passen.“ Und Lipsius orakelte: „Es würde mich nicht wundern, wenn Tim zu den besten Absolventen dieses Winters 2016/17 gehört.“
Damit lag er richtig. Tim Wagner hat die Gesellenprüfung als Viertbester unter den 25 Mitprüflingen absolviert. Christoph Ahl vom Autohaus Semler (Stockstadt) belegte mit seiner Leistung Platz drei und der Beste von allen war Michael Heim, der in der Firma Kunzmann (Groß-Gerau) gelernt hat. Die Belegung von Platz zwei könnte Ansporn für junge Frauen sein, über den Einstieg in eine von Männern dominierte Berufssparte nachzudenken: Hier nämlich konnte sich die einzige Gesellin der Runde behaupten. Vanessa Grob (23) hat mit dem Gesellenbrief als Kfz-Mechatronikerin auch das Glück, in ihrem Ausbildungsbetrieb – Tarnow-Stegbauer in Kelsterbach – übernommen zu werden.
„Meine Chefin Konstanze Stegbauer ist klasse. Ich war der einzige weibliche Lehrling und so wurde für mich extra ein Sanitärbereich eingerichtet“, erzählte die Absolventin. Gefragt, wie es im Alltag sei, ausschließlich mit Männern zu arbeiten, sagte sie heiter: „Man muss sich durchsetzen können. Dumme Sprüche machen mir nichts aus. Ich habe selbst welche auf Lager.“ Die Arbeit in der Werkstatt sei körperlich nicht zu schwer, meinte sie. „Es ist heutzutage ganz viel Elektronik dabei.“
Beiläufig war zu hören, dass zwei Teilnehmer die Gesellenprüfung leider nicht bestanden hatten, doch öffnet sich ihnen die Option, in Kooperation mit den BSGG nach einem halben Jahr erneut anzutreten. Der Stellvertreter des Landrats, Walter Astheimer (Grüne), sowie Groß-Geraus Bürgermeister Stefan Sauer (CDU) gratulierten den frisch gebackenen Gesellen. Beide Politiker unterstrichen ebenso wie Martin Gonnermann den Wert der abgeschlossenen Handwerksausbildung in einer Sparte mit Zukunft, die zudem viele Wege der Weiterbildung bis hin zur Meisterprüfung oder zum Fachstudium öffne.
Neben den 25 jüngsten Gesellen gibt es zehn weitere, die aufgrund sehr guter Leistung die Ausbildung verkürzten und nach drei Jahren ihre Prüfung ablegten.
Groß-Gerauer Echo, 23.01.2017, von Charlotte Martin