G-Dur, D-Dur, C-Dur – rhythmisch arbeiten sich die Gitarren durch das Intro des Dylan-Klassikers. Das Schlagzeug shuffelt sich dazu, ein Keybord liefert das Akkordfundament. G-Dur, D-Dur, A-major-sieben, dann noch einmal das Ganze, und jetzt – nein, jetzt kommt nicht Bobs legendäres „Mama, take this badge off of me“-Gekrächze, sondern ein lauter und deutlicher Aufruf von Lehrer Artur de Hann: „Also, die Gitarren jetzt bitte erstmal alle hier rüber zum Stimmen! Sonst hört ihr die Töne doch gar nicht richtig!“
Dienstagnachmittag im Musiksaal der Luise-Büchner-Schule in Groß-Gerau. Hier ist einmal wöchentlich die neu gegründete Musik AG der BSGG zu Gast. Bestens ausgestattet mit Gitarren, Bässen, Keybords, Drumsets und Verstärkern ist der hohe, helle Raum genau der richtige Ort, um als Ensemble, als Combo oder als Band das musikalische Zusammenspiel zu proben und dabei – im übertragenen Sinn - gemeinsam ganz entspannt den Blues zu bekommen.
Stärkung der sozialen Kompetenz
„Wir wollen musikbegeisterte Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte zusammenbringen“, sagt BSGG-Lehrer Marc Willwohl, der das Projekt gemeinsam mit seinem Kollegen de Hann leitet und auch das Konzept für die AG entworfen hat, „denn Menschen lieben Musik und Menschen brauchen Musik. Wenn wir zusammen spielen, dann entwickeln wir nicht nur die musikalischen Fähigkeiten, sondern stärken unsere Persönlichkeit, unsere Kreativität, Lebensfreude und unsere soziale Kompetenz.“ All das sind wichtige Komponenten des schulischen Bildungsauftrags. Und das Konzept geht auf, das Angebot kommt an: Zwischen neun und zwölf Musiker nehmen inzwischen regelmäßig an den Proben teil, Schüler und Lehrer, bunt gemischt, so wie sich Willwohl das gewünscht hat.
Auftritte vor Publikum
Das Stimmen der Gitarren braucht seine Zeit. Einige spielen schon einmal dazwischen, einige sind leicht genervt – sie wollen proben, wollen weiterkommen, weiter mit dem Dylan, weiter mit anderen Stücken, denn beim Proben soll es natürlich nicht bleiben: „Die Schüler sollen den Mut haben und in der Lage sein, bei Schulfesten und anderen Veranstaltungen aufzutreten“, umreißt Willwohl ein Ziel der AG.
Klar ist dabei aber auch: Die Fähigkeiten der einzelnen Schüler sind unterschiedlich – einige beherrschen ihre Instrumente bereits, anderen muss Coach Helge Haumann von der Musikschule des Kreises Groß-Gerau, der die AG ebenfalls mitbetreut, erst noch die einzelnen Griffe auf der Gitarre zeigen. Doch das ist zunächst einmal zweitrangig. Es geht vor allem um das Gemeinschaftserlebnis. „Das, was wir hier tun, ersetzt keinen Einzelunterricht“, betont Willwohl, „aber wir fördern Musik und Musikalität und wir motivieren zum gemeinsamen Spiel.“
Musik als Integrationsprojekt
Das gemeinsame Spielen als Band hat dabei noch eine weitere wichtige Motivations- und Förderungskomponente: Viele Schülerinnen und Schüler der Musik AG kommen aus dem Intea-Bereich und haben einen Migrationshintergrund. Ihre Integration über die Musik AG liegt Willwohl besonders am Herzen. „Aus musikalischem Engagement können ja ganz unterschiedliche Integrationseffekte resultieren, etwa die Förderung internationaler musikalischer Begegnungen oder von Freundschaften.“ Ebenso wie ein Sportangebot vermittele Musik außerdem übergeordnete Werte wie Leistungsbereitschaft und Fairness. „Und am Ende schützt Musik auch vor Gewalt und Drogenmissbrauch“, so Willwohl.
Unabhängig von solchen Fragen der Pädagogik und der Integration hat sich das Ensemble inzwischen warm geprobt, und als es jetzt richtig losgeht, da klingt das alles schon ziemlich nach Bob Dylan, da klopft es musikalisch schon ganz schön bluesgewaltig an die Himmelstür. G-Dur, D-Dur, A-major-sieben: „Knock, knock, knockin‘ on heavens door….“
Lesen Sie hierzu auch ein Interview: <link file:859 _blank download den artikel in einem neuen>Drei Fragen an Marc Willwohl